Mit nur einem Pedal zum Weltrekord

Kornwestheim – Einsam dreht ein Mann auf einem Rennrad seine Runden auf der Kornwestheimer Inline-Bahn an der Bogenstraße. Auch drum herum ist relativ wenig los, ein paar Menschen haben wahlweise auf den Steinstufen neben der Strecke oder auf Klappstühlen Platz genommen. Der erste Eindruck: Irgendwie passiert hier so gar nichts Besonderes.

Weit gefehlt. Der Mann, der da auf dem Fahrrad unterwegs ist, ist Jochen Glasbrenner. Und schaut man genau hin, fällt einem auf, dass da doch irgendwas nicht stimmt. Der 46-Jährige hat seinen linken Fuß auf den Flaschenhaltern am Unterrohr des Rahmens platziert und tritt lediglich mit dem rechten Bein in die Pedale. So will er einen Weltrekord knacken: Innerhalb einer Stunde will er die längste Distanz zurücklegen, die jemals ein Mensch auf dem Rad mit nur einem Pedal zurückgelegt hat.

Das Wichtigste vorab: Es wird ihm schon nach etwa zwei Dritteln der Zeit gelungen sein. 31,8 Kilometer werden es am Ende sein, gefahren in 159 Runden à 200 Meter. Den bisherigen Rekord hatte der Brite Mark Newman inne, dessen 20,34 Kilometer aus dem November des vergangenen Jahres Glasbrenner förmlich pulverisieren wird.

Der Feuerbacher, Mitglied der Skizunft Kornwestheim, ist eigentlich ein Spezialist für Inlineskates. Im Sommer hat er an selber Stelle bereits eine andere Bestleistung aufgestellt. Auf Inlinern legte er eine Strecke von 1400 Metern zurück, während er mit drei Bällen jonglierte. Vor wenigen Tagen gab es dafür die offizielle Bestätigung und den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Vor ein paar Wochen schnappte er sich in Mannheim außerdem den Weltrekord im Zwölf-Stunden-Inlineskaten, dafür war er 300 Kilometer unterwegs. 2019 war er in Berlin zu Fuß der schnellste Marathonläufer im Drachenkostüm, 2018 gab’s ebenfalls beim Marathon in der Hauptstadt die Guinness-Auszeichnung für die schnellste Zeit eines Inlineskaters im Superheldenkostüm. Jochen Glasbrenner ist ein echter Rekord-Profi.

Auf der Kornwestheimer Bahn geht das alles aber ohne großes Buhei über die Bühne. Ehefrau Nina kümmert sich um die Videoaufnahmen, fotografiert und feuert an („Super, Jochen!“), zwei Zeitnehmer kümmern sich um das korrekte Protokoll, ansonsten sind noch die Eltern von Jochen Glasbrenner, die Kinder sowie ein paar Pressevertreter dabei – ohne die Corona-Pandemie hätte aus dem Rekordversuch bei schönem, trockenem Oktoberwetter ein wirklich nettes Ereignis werden können.

Allerdings kommt Glasbrenner erst aufgrund eben jener Corona bedingten Wettkampfpause dazu, sich dem Thema Weltrekorde intensiver zu widmen. „Normalerweise fahre ich 20 bis 30 Rennen pro Jahr“, sagt er, als er nach einer Stunde vom Rad steigt und sich beglückwünschen lässt. „Ich habe die Coronazeit in diesem Jahr also gut genutzt.“

Für seine jüngste Bestleistung hat er an Ort und Stelle in Kornwestheim geübt. Am Ende übertrifft Jochen Glasbrenner seine Trainingsdistanz sogar noch um einen Kilometer, auch wenn ein paar Flüche fallen – „Aaaah, Shit!“, entfährt es ihm etwa, als er sich beim Schwungholen für die Gerade verschaltet und es in den Zahnrädern kracht. Ansonsten läuft alles mehr als glatt. Glasbrenner weiß zum Beispiel genau, wie sehr er sich in die Kurve legen kann, ohne dass das freie Pedal am Boden schleift.

Nun wird alles seinen Gang gehen: Videoaufnahmen, Zeitnahmeprotokolle, die Bestätigung der Zeugen, all das wird nun zu Guinness World Records geschickt werden. Geht alles glatt, darf sich Jochen Glasbrenner in etwa zwölf Wochen über seinen vierten offiziellen Weltrekord freuen. „Kornwestheim wird zu einem richtigen Weltrekord-Stützpunkt“, freut sich auch Wendy Berheide, Leiterin des Referats Inliner bei der Skizunft. Sie half zuvor beim Zeitnehmen und ist, wie schon im Sommer, offizielle Zeugin des Rekords, gemeinsam mit ihrem Co-Referatsleiter Thomas Güntter. „Und wir freuen uns auch über jede weitere verrückte Idee“, so Berheide.

Für dieses Jahr ist für Jochen Glasbrenner erst mal Schluss mit der Jagd nach Bestleistungen. „Ich denke aber schon über die nächsten Rekordversuche nach“, sagt der Sportler, kurz bevor dann doch noch die Sektkorken knallen.

Quelle: Kornwestheimer Zeitung